Relationen zwischen Geschwistern sind in der Familientherapie von großer Bedeutung.
Man spricht über ein so genanntes „krankes” und ein sogenanntes „gesundes” Kind.
Wenn die Eltern nur mit einem „kranken“ oder nur mit einem „gesunden“ Kind die Therapie aufsuchen, ist das Kind meistens gereizt. Sind alle Kinder anwesend, kann das „gesunde“ Kind etwas erwähnen, was auf eine bestimmte Art und Weise das Symptom näher beschreibt. Die Anwesenheit des so genannten „gesunden Kindes“ ist meist sehr konstruktiv und bei der Überwindung der Krisen in der ganzen Familie während der Therapie von großer Bedeutung. Für den Verlauf der Therapie ist die Berücksichtigung der Entwicklungs- und Lebensbedürfnisse des „gesunden Geschwisterkindes“ sehr wichtig.
Die Forschungen haben ergeben, dass die Zahl der Kinder in der Familie von großer Bedeutung ist. In Großfamilien wurde bei Kindern eine niedrigere neurotische Rate (als Persönlichkeitsmerkmal) festgestellt.
Die Reihenfolge der Geburten, der Platz in der Familie determiniert gewisse Verhaltensmuster und Neigungen bei Kindern.
„Das erste Kind“ muss meistens lernen, dass es nicht allein auf der Welt ist und dass es auch die Meinung der Anderen berücksichtigen muss. Oft übernimmt es eine leitende Rolle unter seinen Geschwistern und auch im Erwachsenenleben hat es eine leitende Funktion inne. Das erste Kind ist oft mit dem Vater verbunden, viel in seinem Leben hängt davon ab, wie es von den Eltern aufgenommen wurde.
„Das zweite Kind“ ist meist mit der Mutter gebunden, es ist empfindlich in Trennungssituationen und oft emotioneller als das erste Kind. Es bedarf mehr Verständnis und Aufmerksamkeit.
„Das dritte Kind“ ist eine Wiederspiegelung der Relationen zwischen den Eltern. Es beobachtet aufmerksam all das, was in der Familie los ist. Häufiger als andere Kinder trauert es nach einer Abtreibung, Fehlgeburt oder dem Tod früherer Kinder.
„Das vierte Kind“ stabilisiert die Familie, oft ist es ein Tatenmensch, es tut, was es denkt, leidet, wenn Geheimnisse und Schweigen in der Familie herrschen.
„Das fünfte Kind“ ist lebendig, leidet, wenn die Eltern langweilig und ohne Enthusiasmus sind, ein sog. „Philosoph in der Familie“. Es braucht viel Freiheit.
„Das sechste Kind”, ein familiäres Kind, es meidet Konflikte, ist neugierig, ein ewiger Teenager. Es liebt, für mehrere Leute zu handeln, es kann an Unsicherheit leiden.
„Das siebte Kind” ist „das erste Kind”, das erwachsen und reif geworden ist. Es schätzt die Fähigkeit zu denken und Gemütsvorteile, es könnte Verantwortung vermeiden.
Der Begriff „ZIELPLAN“
Viele Beobachtungen weisen darauf hin, dass jeder von uns, unabhängig davon, in welcher Reihenfolge er geboren wurde, in seinem Leben und weiteren Lebenszyklen direkt oder indirekt das widerspiegelt, was in der Familie seines Vaters und seiner Mutter passiert ist, aber auch die Relationen zwischen den Eltern in dem sog. „ZIELPLAN“.
Der Begriff „ZIELPLAN“ stammt aus Recall Healing.
Das Zielprojekt ist eine Zeitperiode, die 18 Monate vor der Befruchtung, die Befruchtung selbst, die Schwangerschaft, die Geburt und das erste Lebensjahr umfasst. Alle wichtigen Ereignisse aus beiden Stammfamilien werden im energetischen Raum des Kindes gespeichert.
Die Relation zwischen den Geschwistern ist die längste Relation in unserem Leben. Sie kann sehr nah, aber auch sehr feindlich sein. Ein Beispiel für eine feindliche Relation ist die Geschichte von Kain und Abel. Nicht die Liebe der Eltern und die Eifersucht führen in dieser Geschichte zu einem Mord, sondern die Ablehnung von jemandem, der viel mehr geschätzt wird. Es ist erstaunlich, dass es gerade der Erstgeborene ist, der so ein großes Problem im „vorbildlichen Leben”, „ohne Sünde” hat. Vielleicht enthält das erste Kind den Schatten der jeweiligen Familie, die in der jeweiligen Kultur lebt, in sich?
Gehen wir jetzt zur Bewertung einiger Beobachtungsmuster, Schlussfolgerungen und Hypothesen über.
Folgen einer Trennung von der Geschwister:
Der richtige Trennungsverlauf besteht in der Aufrechterhaltung einer Verbindung mit dieser Person, der Erhaltung ihres Status in der Familie und der Kommunikation mit ihr. Mit einem beeinträchtigten Trennungsverlauf haben wir dann zu tun, wenn eins der Geschwisterkinder sich freut, dass das andere sein Familienhaus verlassen hat. Es übernimmt sein Zimmer, erhält eine privilegierte Stellung in der Familie, behält sein Eigentum, seinen guten Ruf, verleumdet es, wenn man es nicht erwähnt.
Laut Bert Hellinger, die Person, die in der Familie nicht anwesend ist, wird später von einem Familienmitglied vertreten, das später zur Welt gekommen ist.
Wenn Mutter oder Vater mit der Trennung von ihren Geschwistern nicht klar gekommen sind, kann es folgende Folgen für ihre (seine) Kinder sein:
ein Kind, das keine soziale Kontakte pflegt,
ein Kind, das gierig ist, das andere schlecht macht,
ein Kind, das nicht imstande ist, Liebe zu zeigen,ein Kind, das sich an die Geschwister z.B. der Mutter zu sehr nähert, indem es eine Koalition mit dem Onkel oder Tante bildet in der Opposition zu dem Vater. Die Feindseligkeit dem Partner gegenüber äußert sich durch „Bestechung“, Koalition mit dem Kind.
Verlust der Geschwister durch:
Scheidung
Krankheit
Unfall
Abtreibung
Fehlgeburt
Trennung der Geschwister
Trennung der Geschwister durch Scheidung
Zu diesem Thema wurde sehr viel geschrieben, die Scheidung scheint immer bestimmte Folgen für die Geschwister zu haben. Die getrennten Geschwister, die den „verschiedenen Eltern” zugeteilt werden, konkurrieren oft miteinander. Sie vergleichen, wem es besser geht, wer eine bessere Schule besucht, wer seine Ferien besser verbringt. Das Kind kann sich mit dem Geschlecht des Elternteils, der es erzieht, identifizieren, es kann Schwierigkeiten haben, aus dem Konflikt der Loyalität rauszugehen, dem Elternteil gegenüber, mit dem es zusammen wohnt. In der Folge kann das Kind in seinem Erwachsenenleben Probleme haben, einen Partner zu finden. Bei den Männern würden wir hier über das „Peter Pan - Syndrom“ sprechen.
Tod der Geschwister
Der Tod der Geschwister bring immer Folgen mit sich. Je größer die Fähigkeit der Familie ist, mit der Trauer klar zu kommen, desto kleiner sind sie. Manchmal ersetzt das am Leben gebliebene Kind den Eltern das verstorbene Kind und arbeitet für zwei: für sich und für den Verstorbenen, z.B. mit außergewöhnlichen Leistungen, Ausweitung seiner Identität um die Aspekte der Persönlichkeit des Verstorbenen.
Unfall
Unfälle sind oft eine Nachstellung der plötzlichen Ereignisse aus der Zeit „Zielprojekt” der Eltern und der Großeltern (18 Monate vor der Empfängnis, Moment der Empfängnis, Schwangerschaft, Geburt bis zum Ende des ersten Lebensjahres des Kindes) sowie der Großeltern der Geschwister.
Bei der Verarbeitung des Unfalls kann sich die Familie für die Strategie „es ist nichts passiert” entscheiden. Dann renoviert man das Zimmer des Verstorbenen, an den Wänden hängen seine Fotos, man lässt seine Hefte liegen, sein Teller steht auf dem Tisch. Es ist schwierig, das Reale von dem Unrealen zu unterscheiden. Das am Leben gebliebene Kind kann sich sehr verlassen und schuldig fühlen.
Verlust der Geschwister durch eine Abtreibung
Die Abtreibung zieht gewöhnlich eine Schwierigkeit der Mutter, mit dieser Situation zurecht zu kommen, nach sich. Das Schuldgefühl und die Selbstbestrafung kann mit Alkohol, Essen, Vernachlässigung und anderer autodestruktiven Neigungen, bis Selbstverstümmelung und sexueller Störungen gedämpft werden. Unter so einer Haltung steckt eine riesige Wut gegenüber dem Vater des Kindes und manchmal auch gegen ein lebendes Kind gerichtet. Die am Leben gebliebenen Kinder tragen Folgen der unerlebten Trauer, Folgen ihrer eigenen Konflikte und ihrer Ängste vor einer Verurteilung und Ausgrenzung (z.B. wenn jemand von der Abtreibung erfährt). Die Kinder erhalten ihre Eltern am Leben durch die Störungen des Verhaltens und somatische Symptome (z.B. Allergien, Hautentzündungen, Asthma). Es scheint, dass es nach der Abtreibung häufiger zu den Fehlgeburten bei weiteren Schwangerschaften kommt.
Es ist interessant zu beobachten, dass eine Frau, die in ihrer früheren Beziehung eine Abtreibung durchgeführt hat, kann das Kind des Mannes aus einer anderen Beziehung hassen und ihre Aggression sich und dem Partner gegenüber auf das Kind übertragen.
Verlust der Geschwister infolge einer Fehlgeburt
Die Geschwister erwarten meist einen Bruder oder eine Schwester, sie erleben also gleichzeitig den Verlust der Geschwister, sowie sie nehmen am Schmerz der Eltern teil.
Oft sind die Erwartungen der Eltern den Kindern gegenüber, die nach einer Fehlgeburt zur Welt gekommen sind oder adoptiert wurden, sehr überhöht, oder unmöglich zu erfüllen. Die Kinder, die nach einer Fehlgeburt geboren wurden, rebellieren oft, gehören etwaigen Subkulturen an, demonstrieren, dass die Standards der Eltern unmöglich zu erfüllen sind.
Relation bei der Krankheit
Relation zwischen den Geschwistern bei der Krankheit eines der Kinder
Magersucht,
Autismus,
Manisch-depressive Psychose
Magersucht
Das gesunde Kind wird sich selbst überlassen, die Aufmerksamkeit der Eltern wird meist auf das kranke Kind gerichtet. Von dem „gesunden” Kind wird meist mehr verlangt. Die fehlende Aufmerksamkeit der Eltern kann vom oft Kind als Trennung oder Verlassen interpretiert werden. Z.B. das jüngere Bruder hat seit ein paar Jahren in der Schule Schwierigkeiten, sich in der Altersgruppe zurecht zu finden, seine Eltern werden stets zur Schule gebeten. Die ältere Schwester besucht die gleiche Schule, sie schämt sich für ihren Bruder, sie hat Mitleid mit ihm, letztendlich übernimmt sie die Rolle seiner Aufpasserin. Als seine Aufpasserin erlebt sie stets Misserfolge, indem sie sein Verhalten auf dem Schulgebiet zu kontrollieren versucht. Das Mädchen verliert seine Unabhängigkeit, sie wird zum Element der Therapie des Bruders. Diese Situation führt oft zu den Störungen bei dem unterstützenden Kind, z.B. zur Magersucht (Konflikt mit der Mutter, die auf eine pedantische Ordnung im Zimmer des Mädchens besteht und ein Territorialkonflikt, d.h. das Vertragen des unerträglichen Verhaltens des Bruders ohne das Recht zu haben, irgendwelche Gefühle in dieser Situation zum Ausdruck zu bringen).
Oft werden die sog. gesunden Geschwister unsichtbar, unproblematisch, sie lernen eigene Bedürfnisse zu missachten, sie können nach Genussmitteln greifen (Alkohol, Marihuana, Essen….)
Autismus
In den Familien mit einem autistischen Kind gibt es oft keine Geschwister.
Das Kind mit Autismus befreit die Familie von starken aggressiven Impulsen und oft vom Geheimnis, das es trägt. Das „gesunde” Kind kann dann depressive Impulse, das Schuldgefühl und gesenktes Selbstwertgefühl übernehmen.
Das so genannte „gesunde” Kind konfrontiert sich mit der Schwierigkeit, sich im Angesicht des Autismus über das eigene Glück zu freuen. Es ist ein psychologischer Konflikt, den das gesunde Kind erfährt und der auf eine konstruktive Art und Weise verarbeitet werden kann.
Manisch-depressive Psychose
Leidet eins der Geschwisterkinder an der manisch-depressiven Psychose, ist der Kontakt mit ihm erschwert, denn das manisch-depressives Kind stark auf sich konzentriert ist. Manchmal kommt es vor, dass eins der Geschwisterkinder zur manischen, das andere zur depressiven Psychose neigt. In der Geschichte der Familien mit manisch-depressiven Psychose treten folgende Ereignisse auf: alle Sachen packen und innerhalb 20 Minuten an einen anderen Ort ziehen, Tod und Verlust während Umsiedlungen, Lügen, die die Vaterschaft der Kinder betreffen.
RELATIONEN MIT DEN STIEFGESCHWISTERN
Eifersucht
Fehlendes Wissen über die Geschwister
Krankheit der Stiefgeschwister
Tod der Geschwister
Eifersucht
Hat einer der Elternteile eine neue Familie, können sich die Kinder aus der früheren Beziehung verlassen fühlen und um die neuen Kinder eifersüchtig sein. Wenn es in der Familie ein „uneheliches” Kind gibt, und diese Tatsache wird geheim gehalten, können die Kinder aus der „legalen” Ehe einen unsichtbaren Feind kreieren, mit dem sie in Kontakt treten und bei dem sie sich beraten. Besucht das Kind aus der legalen Beziehung die gleiche Schule wie das Kind des Vaters mit einer anderen Frau, wird dadurch das Schamgefühl und eine verstärkte Aggression gegen die Stiefgeschwister hervorgerufen. Es handelt sich hier um die Aggression zwischen den Eltern, die auf die Stiefgeschwister übertragen wird.
Die Abbildung der Relationen zwischen den Stiefgeschwistern ist z.B. die biblische Geschichte von Josef und seinen Brüdern.
Die Brüder sind zu dem Jüngsten feindlich eingestellt, denn Josef vom Vater hervorgehoben wird. Ihre Feindseligkeit wird durch Josefs Mitteilung verstärkt, dass über seine Söhne schlecht gesprochen wurde, sowie über seine Fähigkeit zu träumen.
Tod von Stiefgeschwistern
Im Todesfall der Stiefgeschwister scheint die Dynamik ähnlich zu sein, wie im Falle, wenn ein Kind der gleichen Eltern stirbt. Einer der Elternteile kann abwesend sein, und das lebende Kind stabilisiert durch sein Verhalten den Vater oder die Mutter.
Relationen zwischen den Zwillingsgeschwistern
Meistens ist die Relation zwischen den Zwillingsgeschwistern viel stärker als zwischen den anderen Geschwistern.
Zu den Mehrfachschwangerschaften tendieren häufiger diese Mütter, die Konflikte um den Feldrain, das Grundstück mit den Nachbarn erleben sowie dann, wenn diese Konflikte bei ihren Müttern oder Großmüttern aufgetreten sind. Auch der Konflikt mit den Geschwistern steigert die Wahrscheinlichkeit der Mehrfachschwangerschaft.
Die Mehrfachschwangerschaft kann die Folge dessen sein, was in der Zeit des Zielprojektes des Kindes stattgefunden hat.
Die Mehrfachschwangerschaft kann der Ausdruck einer unterbewussten Tendenz sein, zwei Männer mit dem Kind zu beschenken.
Wenn ein Kind adoptiert ist
Ein Kind kann dann adoptiert werden, wenn ein Elternteil ums Leben kommt, oder wenn er auf seine Elternrechte verzichtet. Im Todesfall der Eltern fühlt sich das Kind infolge des Eingreifens des Schicksals verlassen. Dann ist die Bindung mit den Adoptiveltern stärker, aber die Stimmung des Kindes kann niedrig sein.
Behandelt die biologische Mutter das Kind wie einen Gegenstand „ich kann nicht für das Kind sorgen, es ernähren, es wird mich stören“, ist das Kind im Leben eher passiv, es ergibt sich willenlos dem Schicksal, es glaubt nicht an die Möglichkeit etwas zu erreichen.
Behandelt die biologische Mutter das Kind als Subjekt „ich könnte für das Kind sorgen, ich entscheide mich jedoch es abzugeben”, wird so ein Kind aktiver, vor allem im Berufsleben.
Das Adoptivkind trägt in das System der Adoptivfamilie sein ganzes Familiensystem, Familiengedächtnis und seine ganze Biologie hinein. Psychologisch identifiziert sich das Adoptivkind mit der Adoptivfamilie. Es kann sich die Verhaltensmuster der Adoptivfamilie aneignen, besonders im Falle der frühen Adoptionen. Dennoch ist die Adoptivfamilie ein Surrogat einer biologischen Familie.
Die Adoptivkinder verstehen oft den Raumcharakter nicht, häufig wird bei ihnen Dyslexie erkannt. Unterscheidet sich die Sprache der biologischen und Adoptivfamilie, können die Kinder Probleme mit der Erkennung der Feinheiten der Sprache haben. Schlechter erkennen sie auch Feinheiten der Kultur, in der sie aufwachsen.
In den Adoptivfamilien kann es dazu kommen, dass die Bindung mit der Liebe verwechselt wird. Erwarten die Adoptiveltern von dem Kind Liebe, kann es schwierig sein, sie zu bekommen. Es sind eher die Adoptiveltern, die dem Kind und seinem System in seinem Schicksal dienen sollten.
Weiß das Kind, dass es adoptiert ist, kann sich das ganze Gefühl des Verlassenseins auf die Adoptiveltern auswirken. Die Kinder werden meist von den Paaren adoptiert, die Schwierigkeiten mit der Empfängnis oder der Aufrechterhaltung der Schwangerschaft haben. Wenn in der Familie ein Kind erscheint, kann dies die Angst reduzieren und es kommt zur Empfängnis eines biologischen Kindes. Kommt das biologische Kind zur Welt, wird die Dynamik zwischen den Kindern und Eltern hervorgehoben.